10.07.2024
SPD im Regionalrat Münster:
„Landesregierung überfordert“
„Die Landes- und die Regionalplanung entwickeln sich mehr und mehr zum Dauerreparaturbetrieb der Landesregierung. Erklären kann man das nicht mehr“, kritisiert der Vorsitzende der SPD im Regionalrat Münster, Dietmar Bergmann. „Die Folgen tragen zum großen Teil die MitarbeiterInnen der Bezirksregierung und die Kommunen. Gleichzeitig schaffen die parallelen Gesetzgebungsverfahren sowie das aktuelle Gerichtsurteil zur 1. Änderung des Landesentwicklungsplans (LEP) Verunsicherung bei Investoren und Bevölkerung. Das ist keine verantwortungsbewusste, zukunftsorientierte Landespolitik – und das gerade in einem Bereich, der u.a. die Voraussetzungen für Energieversorgung, Erweiterung von Wohn- und Gewerbegebieten, verkehrliche Infrastruktur und Flächenschutz – und damit wesentliche Antworten auf Zukunftsfragen – definiert.“
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Die Gemengelage ist kompliziert:
Aktuell hat ein OVG-Urteil wesentliche Änderungen des Landesentwicklungsplans durch die schwarz-gelbe Landesregierung von 2019 als rechtswidrig eingestuft – was bedeutet, dass bei vielen gesetzlichen Regelungen der von der SPD-Landesregierung verantwortete LEP von 2017 wieder gilt. In den als rechtswidrig kritisierten Punkten hat es also nicht nur keine wesentliche Entwicklung gegeben – stattdessen müssen Gesetzgeber und Verwaltungen nun nacharbeiten, was aus politischen Gründen vom Landesgesetzgeber ohne die entsprechenden raumordnerischen Erwägungen beschlossen wurde: Aktuelle Pläne und Planentwürfe müssen jetzt auf Vereinbarkeit mit dem LEP 2017 geprüft werden. Das trifft nicht nur die Bezirksregierungen, sondern auch die ohnehin völlig überlasteten Kommunen – die bei laufenden Bauleitverfahren eine Prüfpflicht in der Sache haben.
„Die SPD-Landtagsfraktion hat bereits 2019 darauf hingewiesen, dass es nicht ausreicht, politische Interessen eins zu eins in einen Landesentwicklungsplan zu schreiben, sondern der Ausgleich der Interessen in den Mittelpunkt gehöre. Die „Fahrlässigkeit“, die der damaligen Landesregierung seitens der SPD-Fraktion attestiert wurde, rächt sich nun“, so Bergmann. Denn nicht nur laufende Verfahren seien betroffen, auch Bauleitverfahren mit bereits erteilter positiver landesplanerischer Stellungnahme könnten diese wieder verlieren. Bei bereits bestandskräftigen Bauleitplänen bestehe die Gefahr, dass sie in Normenkontrollverfahren angegriffen werden. Die Folge: Das Chaos vor Ort sei perfekt; es bestünden große Unsicherheiten bis zur Handlungsunfähigkeit, weil die Richtung nicht klar sei.
Das auch deshalb, weil auch schon vor dem OVG-Urteil erhebliche Unklarheiten durch die parallelen Änderungen an Landesentwicklungsplan und Landesplanungsgesetz bestanden. Gleichzeitig läuft aktuell in Münster das Erörterungsverfahren zur Änderung des Regionalplans Münsterland – der natürlich auch auf der Grundlage des vermeintlich gültigen LEP aufgestellt wurde.
Wie sieht nun die Lösung der Landesregierung aus? Mit weiteren neuen gesetzlichen Regelungen versuche die Landesregierung, den entstandenen Schaden in der Landes- und Regionalplanung zu reparieren. Beispiel: Die Übergangsregelung bei der Neuplanung von Windenergieanlagen – nötig geworden, weil es bis zum In-Kraft-Treten des neuen Regionalplans keine Möglichkeit der Steuerung gibt. Aber auch diese Regelung funktioniere nicht – denn das Landesplanungsgesetz mit den neuen Regelungen und die in Kraft getretene 2. Änderung des Landesentwicklungsplans machen widersprüchliche Aussagen zur Rückstellung von geplanten Windrädern. Die Folgen seien Rechtsunsicherheit für Investoren, Beschwerden der Kommunen an Bezirksregierung und Regionalratsfraktionen, mögliche Schadensersatzansprüche. Das Land „empfehle“ nun lediglich, die Regelung des Landesentwicklungsplans nicht anzuwenden, sondern einen neuen Paragrafen des Landesplanungsgesetzes.
Aber auch dessen Anwendung schaffe keine abschließende Klarheit zum Verfahren. Im Dialog wurde die Landesregierung immer wieder auf diese Probleme hingewiesen. Die zugesagten „Erklärungen“ – weder die Handreichungen im letzten Herbst noch die zum Landesplanungsgesetz – lassen auf sich warten. Im Endeffekt kommen auf die Bezirksregierungen viele Fragen zu, die auch diese nicht abschließend beantworten können.
„Hier muss sich die Landesregierung die Frage gefallen lassen, ob sie die zugegebenermaßen komplizierte Gemengelage nicht überfordert. Versuche von Vertretern der CDU, diese Diskussion mit Uralt-Themen wie etwa dem der Entwicklung von Orten unter 2000 Einwohnern zu beenden, werden nicht greifen. Und ebenso wenig der Versuch der Landräte des Münsterlands, eine Übergangsregelung für den Umgang mit neuen Standorten für Windenergieanlagen auf den Bund zu schieben“, fasst Dietmar Bergmann zusammen, der als Bürgermeister von Nordkirchen die Probleme vor Ort genauestens kennt. „Beschleunigung sieht anders aus. Klares Regierungshandeln auch. Deshalb appellieren wir an die Landesregierung endlich klare, rechtssichere Regelungen zu schaffen, die zu Ende gedacht und auch abgeschlossen werden – und nicht gleich wieder neue nötig machen. Die daraus resultierende Belastung von Bezirksregierungen und Kommunen muss aufhören. Wir brauchen endlich Rechtsicherheit – und nicht nur übereilte Schnelligkeit mit immer mehr Fragen und bürokratischem Aufwand, auch im Interesse von Bevölkerung und Investoren.“